Totalschaden

Wenn das Auto nicht mehr fährt, so wird ein Spezialist konsultiert. Die meisten Fälle werden wohl innerhalb eines Tages repariert, bei fehlenden Ersatzteile kann sich das schon mal auf 2 Tage hinziehen. Nicht so bei einem Rollstuhl.

Defekt am Rollstuhl

Nachdem ich bemerkt habe, dass der Rollstuhl auf dem Fußgängerweg an den Grundstückseinfahrten nach links, habe ich das Dilemma des elektrischen genauer untersucht. Nur an abschüssigen Wegen funktioniert die Steuerung nach Rechts nicht. Versuche ich ein rechten Kreis zu fahren, bleibt der Rollstuhl stehen. Drücke ich den Joystick nach links, so dreht sich der Rollstuhl.

Also habe ich das Sanitätshaus meines Vertrauens (oder der meiner Krankenkasse) über den Zustand informiert. In Absprache mit dem Hersteller des Elektroantriebs wird der komplette Rollstuhl eingesendet.

02.August, Abholtag

Der Mechaniker des Sanitätshauses kam vormittags mit einem Leihrollstuhl vorbei. Eine Sichtprüfung ergab einen weiteren Schaden an den Lenkgabeln beider Seiten. Die Vermutung liegt nahe, dass die Belastung durch Outdoor und Pflastersteine zu hoch war. Bisher bin ich 450 km mit dem Rolli gefahren.

21. August Erkundigung

Meine Neugier siegt über meine Vernunft und ich wähle die Telefonnummer des Mechanikers. Die Ersatzteile des Rollstuhls sind geliefert worden, jedoch passen diese nicht zum Rollstuhl eröffnet mir der Spezialist mit. Der Rollstuhlhersteller hat aus seinen Unterlagen die Teile geliefert, was sich in der Praxis nun schief ging.

Der Rollstuhlhersteller hat sich für die Verzögerung der Lieferung entschuldigt, da ein Personalmangel in der Ferienzeit herrscht. Ich habe versucht, die Entschuldigung zu akzeptieren, aber ich habe versagt. Ich verliere meine Mobiltät und Selbstständigkeit für die Gewinnmaximierung durch Personaleinsparung eines Konzerns.

04. September Kontrollanruf

Es sind nun weitere 2 Wochen vergangen und ich habe immer noch keine Information über meinen Rollstuhl. Erwartungslos rufe ich den Ansprechpartner des Sanitätshauses an. Wie befürchtet sind die Ersatzteile nocht eingetroffen. Es muss wohl einige Diskussion zwischen dem Hersteller und dem Mechaniker über die Ersatzteile.

06. September, Rückruf

Die korrekten Ersatzteile sind angekommen. Der Rollstuhl wird noch diese Woche zum Hersteller des Elektroantriebes gesendet.

Erkenntnis

Ich verliere meine Selbstständigkeit und bin von Freunden und Nachbarn abhängig, dass mein Kühlschrank gefüllt ist. Die Krankenkasse fordern kostengünstige Hilfsmitteln und die Hersteller liefern diese, ohne den Anforderungen eines Behinderten gerecht zu werden. Den Herstellern ist Abhängigkeit zum Produkt durchaus bewusst, lässt aber die Endkunden auf eine zeitnahe Unterstützung warten.
Ein Besuch der Reha-Care in Düsseldorf kann ich in diesem Jahr abschreiben!

Ein Einzellfall? Wohl eher nicht, denn aus ganz Deutschland habe ich ähnliche Servicekatastrophen in ausgewählten Foren gelesen.

Mein erstes Cabrio

Es sind nun 11 Wochen seit dem Unfall vergangen. Nun liege ich im Bett und warte schon sehnsüchtig auf meinen Rollstuhl. Vorbei ist die Abhängigkeit der Schwestern und Besucher. Selbst in die Cafeteria besuchen, einen Kaffee bestellen und einen Kuchen genießen.

Am späten Vormittag öffnet der Lieferant die Türe meines Zimmers mit einem Hoffnungslächeln in seinem Gesicht, als er den Rolli reinschiebt. Ich lasse meine Ergotherapeutin rufen. Gemeinsam zeigen und helfen Sie mir in den Rollstuhl überzusetzen. Ein Trauerspiel, denn ich merke nun wieder dass mir die Kräfte für solcher Lapalie fehlen. 

Ich sitze nun mit dem Rücken an der Lehne, das rechte Bein steht auf dem Boden. Das linke steife Bein mit Spitzfuß liegt nicht richtig auf dem Ausleger (Beinstütze). Das Bein ist zu lang. Ich bin zu groß - ein paar Zentimeter eines Durchschnittsmann in Deutschland. Doch der Rollstuhl ist ein Standardrollstuhl, konzipiert für Menschen mit einem laufenden Meter? Der Mitarbeiter der Sanitätshauses ist etwas ratlos und nimmt den Ausleger zum Austausch wieder mit. 

Vier Tage später kam der Rollifachmann erneut und brachte mir ein handgefertigten Ausleger. Eine Verlängerung durch den Rollstuhlhersteller ist nicht vorgesehen und somit musste der Ausleger mit einem Schweisgerät verlängert werden.

Nun kann die erste Reise in die Cafeteria losgehen und ich bin stolz auf die ersten Meter in die Unabhängigkeit.

Schweißgebadet kehre ich von meinen ersten Ausflug zurück, meine Kraftreserven sind nun ausgeschöpft.